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Fritz Wollenberg

Erfahrungen bei der Erforschung und Darstellung der Berliner Esperanto-Geschichte

Resumo

Spertoj en la esploro kaj prezento de la Berlina Esperanto-historio

La aŭtoro montras motivojn kaj ekzemplojn pri la esploro de la Berlina Esperanto-historio, menciante ke instigon por tiuj esploroj kaj helpon per studeblecoj en la privata arkivo donis Detlev Blanke. Li substrekas la valoron de tiaj esploroj kaj por Berlinaj esperantistoj kaj por la Berlinanoj ĝenerale kaj por la internacia Esperanto-movado kaj por la ĝenerala publiko. Unuflanke, la Berlina Esperanto-historio estas parto de la Berlina kulturo; tion pruvas la ekzemplo de la grava reformpedagogo Wilhelm Wittbrodt, kies agadoj kiel lernejdirektoro kaj Esperanto-instruisto, Ĉefa Lerneja Konsilisto kaj prezidanto de la Esperanto-Ligo estas nedisigeblaj. Aliflanke la Berlina Esperanto-historio estas parto de la internacia Esperanto-kulturo; tio inkludas tiel famajn personojn kiel L.L. Zamenhof, A. Cseh kaj ankaŭ E. Wüster. La aŭtoro nomas la _efajn fontojn por esploroj pri la Berlina Esperanto-movado kaj indikas pri kolektoj, bibliotekoj, arkivoj ..., en kiuj ili troviĝas. Li karakterizas fontojn kiel ekzemple la aktojn de la Esperanto-organizaĵoj en okcidenta kaj orienta Berlino dum la tempo de la divido de Berlin kaj akcentas, ke la historio de kolektoj mem jam devas esti objekto de esplorado nomante la Esperanto-kolekton en la Ŝtata Biblioteko. La aŭtoro finas la artikolon per kelkaj ekzemploj pri la kunlaboro kun nove gajnitaj partneroj, pri reagoj de homoj, kiuj povis kontribui al la esploroj kaj pri instigo de aktualaj agoj sekve de historiaj esploroj.

Abstract

Esperanto in Berlin: Historiographic Reflections

On the basis of his research on the history of Esperanto in Berlin, the author discusses the value of such research for local audiences, the international Esperanto movement and the general public. On the one hand, Esperanto constitutes a part of Berlin culture, as seen in the example of the outstanding reform pedagogue Wilhelm Wittbrodt, whose work as a Headmaster and Chief School Inspector was inextricably linked with his activities as an Esperanto teacher and President of the Berlin Esperanto Association. On the other hand, Berlin Esperanto history has also played a role in international Esperanto culture, involving such important figures as L.L. Zamenhof, A. Cseh and Eugen. Wüster. Arguably, the history of the city's Esperanto collections, such as that in the Berlin State Library, is in itself a worthy topic of research. The author concludes his article with some examples of new forms of collaboration, reactions to his research, and present activities in Berlin.

Vorbemerkung

Es ist bereits mehrfach unternommen worden, die Chronik oder Geschichte des Wirkens der Esperanto-Sprachgemeinschaft in einzelnen Städten oder Regionen zu schreiben.

Als vorrangiges Anliegen nennen die Verfasser meist die Darstellung der Leistungen der Esperanto-Freunde bei der Anwendung und Verbreitung der Sprache und die Darstellung der Fortschritte bei der Erreichung ihrer Ziele. Harry Holmes schreibt 1978 über den Londoner Klub: "1903 spottete man. 1978 sprechen selbst zynische Zeitungen und Fernsehen und Radio voller Respekt über Esperanto und erkennen seinen Erfolg der Verbreitung in vielen Ländern an. Zu diesem Wechsel des Verhaltens trugen der Klub und seine Mitglieder bei." (Holmes 1978: 6). Ralf Kuse stellt 1995 in Bezug auf Schwerin fest: "Zwei Weltkriege, Diktaturen und wirtschaftliche Durststrecken wirkten sich verheerend auf die Esperanto-Bewegung aus. Trotzdem konnten von der Anhängerschaft beachtliche Erfolge erreicht werden." (Kuse 1995: 5)

Solche Darstellungen haben auch ihren Wert für die wissenschaftliche Forschung außerhalb der Esperanto-Sprachgemeinschaft. "In der einsprachigen internationalen Kommunikationsgemeinschaft des Esperanto (...) realisiert sich dieses Modell plansprachlicher internationaler Kommunikation, das auf seine Effektivität und seine perspektivische Bedeutung hin interdisziplinär erforscht werden sollte." Dies stellte Detlev Blanke schon 1985 fest (Blanke 1985: 14), Umberto Eco ist einer der Wissenschaftler, die Erfahrungen aus der Esperanto-Sprachgemeinschaft aufgegriffen haben (Eco 1994).

Nachdem ich bereits in den 80-er Jahren, angeregt durch Detlev Blanke und unterstützt durch die Studienmöglichkeiten in seinem Privatarchiv, Quellen zur Esperanto-Geschichte in Berlin aufgespürt und einiges dazu veröffentlicht hatte (Wollenberg 1987a; 1987b), wurde es mit den gesellschaftlichen Veränderungen nach 1989, dem Vereinigungsprozess in der Berliner Esperanto-Bewegung und der gemeinsamen kulturellen Tätigkeit nach dem Eintritt der Ost-Berliner Esperanto-Gruppe in die Esperanto-Liga Berlin im Februar 1991 sehr wichtig, die Berliner Esperanto-Geschichte vor allem aus Gründen des gegenseitigen Kennen- und Schätzenlernens und einer zukunftsorientierten gemeinsamen Tätigkeit zur Förderung von Esperanto-Sprache und -Kultur in Berlin gezielt zu erforschen und bekanntzumachen (Wollenberg 1993a: 3-4).

Unzweifelhaft müssen die Leistungen, die Esperanto-Sprecher in der Stadt vollbracht haben, im Mittelpunkt der Darstellung stehen. Berlin ist reich an solchen Aktivitäten auf unterschiedlichen Gebieten, die vorzustellen sich lohnt.

Das sind zum Beispiel Leistungen, die Esperanto-Lehrer bei der Sprachvermittlung vollbrachten oder Literaten mit der Veröffentlichung von Romanen, Erzählungen, Gedichten und anderen Werken in Esperanto. Es sind die Leistungen der Verleger, die original in Esperanto verfasste Literatur oder aus dem Esperanto bzw. ins Esperanto übersetzte Literatur veröffentlichten, aber auch Zeitschriften, Lehrbücher u.a. Sprachwissenschaftler, die an Berliner Universitäten wirkten und die Interlinguistik bereicherten, gehören mit ihren Arbeiten ebenso dazu wie Organisatoren, die Esperanto-Organisationen in Berlin aufbauten und leiteten.

Dabei stehen Namen von internationalem Rang wie der des Begründers der modernen Terminologiewissenschaft Eugen Wüster (1898-1977) oder der des bedeutenden Geophysikers Adolf Schmidt (1860-1944) neben denen, die in der Esperanto-Sprachgemeinschaft international einen guten Klang haben wie der des Schriftstellers Jean Forge (1903-1980) oder der des Übersetzers Karl Schulze (1910-1983) und neben denen, die in Berlin von regionaler Bedeutung sind, wie die der Reformpädagogen Wilhelm Wetekamp (1859-1946) und Wilhelm Wittbrodt (1878-1961).

Eine Berliner Esperanto-Geschichte zeigt herausragende Leistungen, sie enthält aber ebenso Esperanto-Alltagsleben in Berlin in seiner eindrucksvollen Vielfalt.

Sie kann zeigen, welchen Einfluss Eugen Wüsters Kenntnis des Esperanto und seine umfangreiche Wörterbucharbeit auf sein terminologiewissenschaftliches Wirken hatte (Blanke 1995; 1996) und kann auch die Gestaltung des Klubprogramms in der Charlottenburger Esperanto-Gruppe darstellen, in deren Mitgliederliste sich Eugen Wüster eingetragen hat.

In Berlin wird auch deutlich, wie die Esperanto-Kultur sowohl als Teil der Kultur der Stadt als auch als Teil der internationalen Esperanto-Kultur wirkt. Die Tätigkeit von Jean Forges (Jan Fethke) bei der UFA, die Drehbücher für Jenseits der Straße und Mutter Krausens Fahrt ins Glück (1928), seine Mitarbeit an internationalen Fachzeitschriften in Paris, Warschau und Berlin sind nicht zu trennen von original in Esperanto verfassten Romanen und seiner aktiven Beteiligung am Berliner Esperanto-Kulturleben (Forge 1974: 213-264; 1923). Damit wird die Berliner Esperanto-Geschichte auch interessant für jene, die sich für Berliner Kultur und Geschichte allgemein interessieren und andererseits auch für Esperanto-Sprecher, die nicht aus Berlin kommen.

Gerade in Berlin ist die regionale Esperanto-Geschichte stark verflochten mit der nationalen und der internationalen.

Von der hier im November 1903 gegründeten ersten Berliner Esperanto-Gruppe gingen wichtige Impulse für die Gründung des Deutschen Esperanto-Bundes (DEB) aus. Die ab 1904 herausgegebene Berliner Zeitschrift Esperantistische Mitteilungen wurde 1905 als Germana Esperantisto die Zeitschrift des Deutschen Esperanto-Bundes mit Jean Borel (1868-1946) in Berlin als Redakteur. Das Büro des DEB befand sich ab 1925 In Berlin. Auch das Büro des Deutschen Arbeiter-Esperanto-Bundes befand sich bis zu seiner Schließung 1933 in Berlin.

Ab 1965 war in Ostberlin das Büro des Zentralen Arbeitskreises Esperanto, ab 1981 von GDREA, die Zeitschrift der esperantist wurde hier 1965 bis 1991 herausgegeben, Redakteur war ab 1968 Detlev Blanke.

In Berlin fanden viele Begegnungen, Treffen, Konferenzen statt, so der 84. Esperanto-Weltkongress im Jahr 1999 zu dem Thema: "Globalisierung - eine Chance für den Frieden?" mit über 190 Einzelveranstaltungen für insgesamt 2712 Teilnehmer aus 66 Ländern (Kongresa Libro 1999).

Nach Berlin kamen viele bedeutende Persönlichkeiten. Der Begründer der Sprache Dr. Zamenhof (1859-1917) war hier mehrmals, 1908 sprach er im Berliner Rathaus vor einem internationalen Publikum, das nach dem 4. Esperanto-Weltkongress in Dresden zu einem Nachkongress nach Berlin gekommen war. Andreo Cseh (1895-1979), der Begründer einer nach ihm benannten Lehrmethode, unterrichtete selbst 1931 mehrere Monate nach seiner Methode Esperanto in Berlin (Smidéliusz 1995: 33-34).

So kann eine Berliner Esperanto-Geschichte den Berliner Esperanto-Freunden selbst ein Bewusstsein ihrer Entwicklung, ihrer Leistungen vermitteln, Berliner Lesern einen Teil der Kultur ihrer Stadt nahebringen, Esperanto-Freunden aus aller Welt verdeutlichen, wie sehr hier internationale Esperanto-Kultur zu Hause ist und allen Interessierten eine Vorstellung davon vermitteln wie Esperanto-Sprache und Esperanto-Kultur sich in dieser Stadt über ein Jahrhundert entwickelt haben.

Quellen zur Berliner Esperanto-Geschichte entdecken und nutzbar machen!

Eine wichtige Quelle für die örtliche Esperanto-Geschichte in Berlin sind die deutschen Esperanto-Zeitschriften, in denen es z.T. Berichte aus dem Gruppenleben unter dem Stichwort Berlin gibt, in denen aber auch persönliche Erinnerungen und andere Beiträge Mosaiksteine für die örtliche Esperanto-Geschichte liefern.

Diese Zeitschriften, zum Teil in Berlin herausgegeben, sind: Esperantistische Mitteilungen (1904), Germana Esperantisto (1905-1935), La Laborista Esperantisto (1930-1933 in Berlin herausgegeben) und sein Vorläufer Antaŭen, der Internaciisto (1930-1933), der esperantist (1965-1990), Komunikoj (1946/47), die Esperanto-Post (ab 1948), Esperanto aktuell (seit 1981), La estonto esperantista (1949) ...

In der Staatsbibliothek zu Berlin ist auch die Zeitschrift der Neuen Deutschen Esperanto-Bewegung (NDEB) Esperanto in Deutschland (1934-35) archiviert, in der der misslungene Versuch dokumentiert ist, in Berlin eine faschistische Esperanto-Bewegung zu etablieren.

Die Zeitschriften sind in Bibliotheken und Archiven einzusehen. Die Espothek1, die Staatsbibliothek zu Berlin (u.a. Sondersammlung Esperanto), das Archiv des Deutschen Esperanto-Bundes, die Bibliothek des Deutschen Esperanto-Bundes in Aalen, Privatarchive und weitere Bibliotheken haben diese Zeitschriften archiviert. Für die Zeitschrift des DDR-Esperanto-Verbandes GDREA der esperantist ist ein Register erschienen, das das Auffinden spezieller Artikel erleichtert (Knöschke/Kolbe 1997). Bis zur Vereinigung der Esperanto-Verbände gab der Redakteur des der esperantist die cirkuleroj 1-6/91 heraus. Für den Bereich der Jugend kommen hinzu die Zeitschrift von GEJ (z.B. GEJ-gazeto)2 und die Rundbriefe bzw. Cirkuleroj der Jugendkommission von GDREA.

Außerdem erschienen in Berlin örtliche Informationsblätter. In der Beilage 11 zum Berlina Informilo vom Nov. 1997 (Berlina Esperanto-kulturo 1997) werden 21 Informationsblätter in Berlin von 1904 bis 1997 aufgeführt. Sicher gab es weitere Informationsblätter auch der Gruppen. In der Espothek findet sich beispielsweise ein Informilo de Esperanto-Grupo Neukölln aus den Jahren 1935/36, auch Blätter besonderer politischer Richtungen erschienen wie z.B. Berlina voko in den 70-er Jahren3.

Diese Informationsblätter bringen Informationen, Ankündigungen und Berichte von regionalen Esperanto-Veranstaltungen, aber auch Meinungsäußerungen, Informationen zu Personen und weitere Details. Ein Teil dieser Blätter ist in der Espothek zugänglich. Die Serie Berlina Informilo - West4 (1945 bis heute) ist hier vollständig vorhanden. Die Serie Berlina Informilo - Ost ist als Bestandteil der Akten des Bezirksvorstandes Esperanto von GDREA5 im "Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv" zu finden6.

Informationsblätter aus der Zeit vor 1945 sind nur zum Teil in der Espothek, ein Teil ist im Archiv der UEA in Rotterdam archiviert. Im Zeitschriftenkatalog von Takács (Takács 1934) sind viele dieser Blätter erwähnt, nicht alle waren aufzufinden.

Eine weitere Quelle sind die Akten des Vorstands der Esperanto-Liga Berlin (Akten West - AW 1949 bis heute) in der Espothek (siehe FN 1) und die Akten des Bezirksvorstands Berlin von GDREA (Akten Ost - AO 1965-1991) im Bundesarchiv (siehe FN 4).

In ihnen sind nicht nur die Protokolle der Vorstandssitzungen enthalten. Hier sind auch Einladungen, Briefe, Klubprogramme und viele andere wichtige Dokumente - häufig im Original - einzusehen.

Interessante zusammenfassende Darstellungen sind die Vorstandsberichte, die für die Esperanto-Liga jährlich zur Jahreshauptversammlung erstellt wurden (AW). In den Ostberliner Akten ist ein zusammenfassender Rechenschaftsbericht des Bezirksvorstandes für 1980-87 enthalten und Einschätzungen einzelner Veranstaltungen, dazu Arbeitspläne des Vorstandes für bestimmte Zeiträume.

Zu berücksichtigen ist, dass die Akten in Ost und West unterschiedlich entstanden sind. Während die Akten West durch den Vorstand der Esperanto-Liga Berlin angelegt wurden, sind die Akten Ost durch den Zentralvorstand von GDREA angelegt worden und dokumentieren auch den Briefwechsel zwischen dem Bezirksvorstand Berlin und dem Zentralvorstand des Verbandes. Es gibt keine Aktensammlung des Bezirksvorstands.

Meist sind jedoch weitere Quellen erforderlich, um sich eine wirklich detaillierte Vorstellung von einem Ereignis, einer Person, einer Entwicklung ... zu verschaffen.

Viele wichtige Dokumente sind in Privatbesitz, so z. B. das Protokollbuch des Vorstands der Charlottenburger Esperanto-Gesellschaft aus den Jahren 1912-24, in dem Eugen Wüster als Mitglied seit dem 18.1.1922 aufgeführt wird oder das Tagebuch von Wilhelm Wittbrodt7.

Manches ist wohl schon verlorengegangen. Einiges konnte gerettet werden, wie z. B. der Nachlass von Adolf Sproeck8, den Ina und Hermann Tautorat in der Espothek sicherstellten.

Tonband- und Videointerviews mit Zeitzeugen oder schriftliche Erinnerungen sind eine weitere wichtige Quelle, die erschlossen werden muss. Berichte im Germana Esperantisto über das Auftreten von Andreo Cseh in Berlin und seine eigenen Erinnerungen lassen sich so sinnvoll ergänzen durch ein Videointerview mit dem Berliner Esperantisten August Franke von 1995, der 1931 einen Kurs mit Cseh im Sophienstädtischen Gymnasium in der Weinmeisterstraße besuchte (Berlina Esperanto-kulturo 8, 1996).

Hier muss auch auf die Bedeutung der unterschiedlichen Medien hingewiesen werden. Heute sind auch Videoaufzeichnungen von Veranstaltungen (z. B. von Vorträgen der GIL-Jahrestagungen9), Fernseh- und Rundfunkaufzeichnungen aussagekräftige Quellen.

Fotos von Ereignissen, Personen und Orten sind in Zeitschriften, Büchern, Archiven und im Privatbesitz zu finden.

In Frage kommende Fotos und Texte sind oft auch in deutschsprachigen Publikationen vor allem zur Regionalgeschichte veröffentlicht. Heimatmuseen, Bezirksarchive und andere örtliche Sammlungen sind häufig die Quellen. So findet sich ein Foto des Neuköllner Jugendheims in der Karl-Marx-Str. 160, ein wichtiger Treffpunkt der Esperanto-Freunde, wo die 1. Nummer des Berlina Informilo 1949 entstand, in einer vom Bezirksamt Neukölln herausgegebenen Broschüre. Als Quelle ist das Bezirksarchiv Neukölln angegeben (Hanicke 1990).

Ein Material mit Fotos und Texten zur Rütlischule gab der Neuköllner Kulturverein e.V. heraus. Ein umfangreicheres Manuskript des Autors mit weiteren Informationen zum Esperanto-Unterricht an der Schule und zum Engagement mehrerer Lehrer dieser Schule ist die Grundlage (Hoffmann 1990). Quelle ist das Heimatmuseum Neukölln.

Zu berücksichtigen sind auch deutschsprachige Zeitschriften. So brachte Das Echo 1906-1911 eine monatliche esperantosprachige Beilage unter dem Titel Eĥo Esperantista (Eĥo Esperantista 1906-1911). Die Zeitschrift der Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) in der DDR Der Morgen brachte von 1965 bis 1990 eine Artikelserie mit Beiträgen von Paul Lindner/Peter Levsen (Detlev Blanke) zur Sprache Esperanto und zur Esperanto-Bewegung.

Selbstverständlich ist auch die internationale Esperanto-Presse Quelle für Informationen über die Berliner Esperanto-Bewegung. Als Beispiel sei hier auf einen Bericht von Li Shijun über seinen Besuch in Berlin und Bad Saarow verwiesen (Li Shijun 1986).

Spuren aufspüren, Partner finden und Erfahrungen festhalten!

Bei der Suche nach Material zum Thema "Zamenhof und Berlin" las ich bei Holzhaus (Holzhaus 1969: 38), im Berliner Akademiearchiv befände sich der Briefwechsel Zamenhof - Ostwald. Dieser Hinweis führte mich an eine ergiebige Quelle und zu neuen Partnern für die Esperanto-Liga Berlin. Im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (Jägerstr., früher Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin) befinden sich u.a. die Nachlässe des bedeutenden Physikochemikers und Nobelpreisträgers Wilhelm Ostwald, des hervorragenden Geophysikers Adolf Schmidt und des berühmten Astronomen Wilhelm Förster. In der Folge kam es zu verschiedenen Veröffentlichungen und Vorträgen (Wollenberg 1989a; 1993a,b; 1994a,b; 1997a,b; 1998). Es kam zu der gemeinsamen Veranstaltung der Esperanto-Liga Berlin und des Adolf-Schmidt-Observatoriums für Geomagnetismus in Niemegk und der Herausgabe einer Broschüre des GeoForschungsZentrums Potsdam zum 50. Todestag Adolf Schmidts 1994. In der Humboldt-Universität zu Berlin konnte in einem gemeinsamen Kolloquium der Esperanto-Liga Berlin mit der Wilhelm-Ostwald-Gesellschaft zu Großbothen e.V.und der Gesellschaft für Interlinguistik ein Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des interlinguistischen Wirkens Ostwalds unter Berücksichtigung des umfangreichen Briefwechsels geleistet werden.

Dass auch die Geschichte von Sammlungen ein Forschungsgegenstand sein muss, zeigt das Beispiel der Esperanto-Sammlung in der Deutschen Staatsbibliothek. Den Grundstock bildet die Bibliothek des früheren Esperanto-Instituts für das Deutsche Reich. Der Briefwechsel zwischen dem letzten Direktor des Instituts Dr. Albert Steche (1862-1943) und der Preußischen Staatsbibliothek sowie dem Minister des Innern von 1936 dokumentiert das Bemühen, den Buchbestand und einige Akten des DEB von 1922 durch die Verlagerung nach Berlin zu retten. Die Geschichte setzt sich Anfang der 60-er Jahre fort mit dem Bemühen von Ostberliner Esperantisten (u.a. Karl und Hedwig Maier), den Buchbestand zu säubern, zu erweitern, zu katalogisieren und zugänglich zu machen. Initiativen, die Esperanto-Sammlungen in Berlin zu erhalten, zu erweitern und durch modernere Katalogisierung zugänglich zu machen gab es immer wieder. Nach einer Vortragsserie und Diskussion zu diesem Problem bemüht sich eine Gruppe von Berliner Esperanto-Freunden um adäquate Lösungen. Verwiesen sei auch darauf, dass Kataloge der Espothek und der ehemaligen Bibliothek von GDREA existieren.

Ein weiteres Beispiel dafür, wie Geschichtsforschung und -betrachtung mit der aktuellen Esperanto-Kultur verknüpft sind, ist die Zusammenarbeit der Esperanto-Freunde mit dem Kulturbund und Kulturvereinen.

Im April 1995 veranstaltete die Esperanto-Liga gemeinsam mit dem Kulturbund in Köpenick eine Diskussionsrunde an dem Ort, wo sich die Ostberliner Esperanto-Freunde nach der Aufhebung des Esperanto-Verbots in der DDR und vor der Gründung der Esperanto-Gruppen im damaligen Deutschen Kulturbund trafen. Karl Maier, Rudolf Hahlbohm und Ludwig Schödl (per Video) erinnerten an das Esperanto-Leben unter den Bedingungen des Verbots und an ihr Engagement für dessen Aufhebung (Wollenberg 1995). Dazu gibt es Videointerviews und Dokumente (Berlina Esperanto-kulturo 1995a). Eine Diskussion gemeinsamer Projekte schloss sich an. So gaben 1995 "Monda Kunagado por Eduko, Scienco kaj Kulturo" ('Zusammenarbeit in der Welt für Erziehung, Wissenschaft und Kultur')10 und der Kulturring in Berlin e.V. eine Sammlung von Lebensprotokollen von Jugendlichen verschiedener Länder unter dem Titel vivprotokoloj heraus (Becker 1995) und in Prenzlauer Berg ist die 1965 gegründete Fachgruppe Esperanto bis heute im Rahmen des Kulturvereins Prenzlauer Berg e.V. aktiv.

Die Jubiläumsveranstaltung der Esperanto-Liga Berlin 1993 ist ein anderes Beispiel dafür, wie die Anregung, Erinnerungen festzuhalten und die Anregung, die Geschichte fortzusetzen miteinander Hand in Hand gehen. Diese Veranstaltung zum Anlass "90 Jahre Esperanto in Berlin" regte auf der einen Seite den Vorsitzenden des Esperanto-Weltbundes Prof. John Wells an, der Liga in seiner Grußbotschaft die Ausrichtung eines Esperanto-Weltkongresses vorzuschlagen, der dann 1999 stattfand, auf der anderen Seite die Esperanto-Freundin Margot Kermann, in einem Brief ihre Erinnerungen an das Berliner Esperanto-Leben und einzelne Persönlichkeiten in der 1. Hälfte der 30-er Jahre festzuhalten (Berlina Esperanto-kulturo 1995c).

Auch die Organisationserfahrungen in Berlin sind von Bedeutung. Die Differenzierung der Esperanto-Bewegung in Berlin erreichte Anfang der 30-er Jahre einen Höhepunkt. Dabei gab es nicht nur die politische Differenzierung zwischen den Gruppen des neutralen Deutschen Esperanto-Bundes und denen des Arbeiter-Esperanto-Bundes. Es gab mehrere bürgerliche Verbände und Gruppierungen, die z.T. zerstritten waren. Es bildeten sich kommunistische, sozialdemokratische und weitere Gruppierungen heraus. 1931 kam es zu dem Versuch, eine Zusammenarbeit zwischen den etwa 50 Esperanto-Gruppen in Berlin herzustellen. Interessant ist, dass dafür Wilhelm Wetekamp als Persönlichkeit steht, der gemeinsam mit dem Publizisten und Friedensnobelpreisträger Alfred Hermann Fried und anderen die erste Berliner Esperanto-Gruppe unter der Schirmherrschaft der Deutschen Friedensgesellschaft gründete.

Durch den Zeitungsartikel "Die verschwundene Schule wiederentdeckt" in der Berliner Zeitung vom 15.10.1994 stieß ich auf die Schöneberger Georg-von-Giesche-Oberschule (früher Werner Siemens-Realgymnasium), in deren Lehrerzimmer heute noch ein Gemälde des ersten Direktors und Schulreformers hängt, an dessen Schule Schülerselbstverwaltung und fakultativer Esperanto-Unterricht selbstverständlich waren und Ausdruck einer freizügigen Geisteshaltung und der Abkehr von Drill und Untertanengeist (Kockjoy 1958). Die Materialien im Schöneberger Heimatmuseum vermitteln das Bild eines engagierten Mannes, der sich auch um den Naturschutz verdient gemacht hat (D.D. 1955). Seine Bücher, die den Schulreformer zeigen, fand ich in der "Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung" in der Warschauer Str. (Berlina Esperanto-kulturo 1995b).

Seit 1991 ist die Esperanto-Liga Berlin als Berliner Landesverband des Deutschen Esperanto-Bundes e.V. das organisatorische Dach für die Berliner Esperanto-Freunde, und in ihr vereinigen sich unterschiedliche Auffassungen und Traditionen in gegenseitiger Akzeptanz. Das Statut verweist heute auf die parteipolitische Neutralität der Liga, aber auch auf die gemeinsame Verpflichtung, das Esperanto im Geiste des Friedens und der Völkerverständigung anzuwenden.

Soweit einige Erfahrungen bei der Erforschung und Darstellung der Berliner Esperanto-Geschichte, die eine stets aktuelle Aufgabe bleibt.

Bibliographie

Die Espothek befindet sich im Esperanto-Zentrum Berlin, Falkstr. 25. Hier befinden sich Bibliothek und Archiv der Esperanto-Liga Berlin.

GEJ - Germana Esperanto-Junularo/Deutsche Esperanto-Jugend

Informationsblatt für Berliner Mitglieder der Esperanto-Organisationen LABORO, LEA und SAT

Die Informationsblätter in Ost- und Westberlin trugen bis 1989 den gleichlautenden Titel Berlina Informilo. Daher verwende ich zur Unterscheidung die Bezeichnungen Berlina Informilo - West (BIW) und Berlina Informilo - Ost (BIO).

GDREA - Esperanto-Verband im Kulturbund der DDR (seit 1981), davor BAK - Bezirksarbeitskreis (1965-1981). Der BAK Berlin war die Leitung der Berliner Esperanto-Organisation im Kulturbund.

Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv, 12205 Berlin, Finckensteinallee 63.

Wilhelm Wittbrodts Tagebuch ist in Familienbesitz. Auszüge, das Esperanto betreffend, sind in der Sonderausgabe von Esperanto in Berlin am 3. Juli 1994 veröffentlicht worden.

Vorsitzender der ersten Arbeiter-Esperanto-Gruppe in Berlin und 1922-27 Redakteur des Laborista Esperantisto, 1950-71 Vorsitzender der Esperanto-Liga Berlin.

Die Gesellschaft für Interlinguistik wurde 1991 in Berlin gegründet und führt jedes Jahr im Rahmen ihrer Jahrestagung Fachkolloquien zu interlinguistischen Themen durch.

Internationale Esperanto-Organisation, die sich für die Ziele der UNESCO einsetzt.