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Johannes Irmscher †

Griechisch als internationale Sprache

Resumo

La greka kiel internacia lingvo

En la antikva epoko la greka lingvo grandparte havis la funkcion de transnacia komunikilo. Certagrade ĝi eĉ estis literatura lingvo. Tiun rolon ĝi ludis ĝis la pasinta jarcento en Malgranda Azio. Pro tio grekaj aspiradoj por reakiri, aŭ eĉ pliampleksigi tiun funkcion estas kompreneblaj. Tamen tiuj klopodoj - kvankam sukcesaj en la terenoj de lingvoinstruado kaj kulturo - ne povas prosperi pro la geografiaj kaj politikaj ŝanĝiĝoj kaj ankaŭ pro la evoluo de la greka mem. Tiuj obstakloj favoras la uzadon de la angla lingvo, kiu jam okupas sufiĉe grandan pozicion ankaŭ en Grekio kaj Cipro. Estas la devo de la grekoj konservi kaj kulturi sian lingvon kiel portanton de internacia kultura tradicio.

Abstract

Greek as an International Language

The Greek language was the colloquial medium in large parts of the Orbis antiquus, and also, to some extent, the transnational medium of literature. Its role as an international language remained significant until Byzantine times, and even later within the Ottoman Empire. Conditions have changed, however, with the foundation of the modern Turkish state and the expulsion of the Greeks from Asia Minor. Nowadays Greek associations try to present Greek as a medium of international communication. While doing good work in language education and culture, they cannot succeed in this particular aim due to geographical and political changes and the development of the Greek language itself. The progress of English as a global language cannot be stopped; instead, the Greeks need to maintain and cultivate their natural language as the inheritor of an international cultural tradition.

Die griechische Sprache des Altertums ist in mehreren Varianten fassbar. Die Schriftzeugnisse der vorklassischen kretisch-mykenischen Kultur sind in Hieroglyphen geschrieben, von denen wiederum zwei Systeme scharf zu unterscheiden sind: Linear A und Linear B. Linear A, das an rund 30 Orten innerhalb und außerhalb Kretas in zeitlich und regional wechselnden Systemen niedergelegt ist, geht mit aller Wahrscheinlichkeit auf nichtgriechische Völkerschaften zurück. Dagegen hat die entwickeltere Form, die als Linear B bezeichnet wird, die Hieroglyphen von Linear A vom 15. vorchristlichen Jahrhundert an übernommen und fortgestaltet, wahrscheinlich von Schreibern, die sich eines sehr altertümlichen Griechischen bedienten. Die Texte, soweit einigermaßen zuverlässig entziffert, enthalten zumeist tabellarische Aufstellungen, jedenfalls keine Literatur im eigentlichen Sinne.

Solche Literatur begegnet zum ersten Male, und zwar bereits in einer poetischen Höchstform, in den beiden Großepen, die mit dem Verfassernamen Homer verbunden sind; die Dichterpersönlichkeit gehört wohl ins 8. Jahrhundert. Homer übte den allergrößten Einfluss auf die Dichtung, Kunst, Kultur und Weltanschauung des griechischen Altertums aus und wurde im vollen Sinne zum Lehrer seines Volkes; doch seine poetische Diktion war eine in fester Tradition stehende Kunstsprache, in der das Altionische mit attischen und äolischen Elementen vermengt war. So konnte Homer zwar der Lehrer seines Volkes werden, nicht jedoch der Urheber einer die Dialektunterschiede überbrückenden Literatur- und Verkehrssprache. Der nachmalige attische Dialekt hätte vielleicht diese Chance gehabt; aber die athenischen Machthaber des Attischen Seebundes im 5. Jahrhundert drängten augenscheinlich nicht auf eine solche Angleichung. Überdies erwies sich die attische Sprachform des klassischen 5. Jahrhunderts als zu kompliziert, um sich als eine hellenische Gemeinsprache, geschweige denn als Weltsprache zu eignen. Erst das allmähliche Zurückdrängen und das schrittweise Beseitigen vieler altgriechischer Besonderheiten wie des Duals und des Optativs ermöglichte die Herausbildung einer über den Dialekten stehenden Gemeinsprache, der Koine (als welche sie schon im Altertum bezeichnet wurde). Das Reich Alexanders von Makedonien (Lebenszeit 356-323), das von Makedonien bis an den Indus reichte und auch Ägypten und Syrien einbegriff, war ein Vielvölkerstaat, als polyethnisch und polyglottisch zu kennzeichnen; die Koine wurde zur Lingua franca in diesem Imperium und in wachsendem Maße auch literarisch verwendet, durch Griechen wie durch Nichtgriechen. Die jüdisch-hellenistische Literatur mit Autoren wie Philon und Josephus stellte wohl die markanteste Leistung in diesem Koineschrifttum dar; doch auch die griechische Übersetzung des Alten Testaments, die sogenannte Septuaginta, im 3./2. Jahrhundert in Alexandria entstanden, sowie das Neue Testament mit den zahlreichen nichtkanonischen, apokryphen Schriften in seinem Umfeld gehören in diesen Zusammenhang. Für die Ausbreitung sowohl des Judentums in seiner Diaspora als auch für das junge Christentum bildete die griechische Gemeinsprache eine wesentliche Voraussetzung. Das Griechische in der Gestalt der dialektübergreifenden, umfassenden Koine stellte die Verkehrs-, Missions- und weithin auch die Literatursprache des Ostteils des Imperium Romanum dar und wurde so zur Weltsprache, zum Verständigungsmittel zwischen den Ethnien nahezu der gesamten Ökumene; denn auch im westlichen alsbald römischen Part gewann das Griechische feste Positionen.

Diese im ganzen Hoffnungen weckende Entwicklung bremste zumindest in dem elitären und entsprechend maßgebenden Schrifttum der Klassizismus der römischen Kaiserzeit ab. Die Puristen forderten die Wiederaufnahme jener altattischen Spezifika in Wortbildung und Satzlehre und bedurften selber der ad hoc geschaffenen Vokabulare, um ihre Postulate realisieren zu können. Selbst in dem auf Breitenwirkung gerichteten christlichen Schrifttum vermochten sie mit der Zeit weitgehend ihre Postulate durchzusetzen. Vor allem für Nichtgriechen, aber auch für Griechen ohne philologische Spezialinteressen errichteten sie dadurch nur schwer zu überwindende Hindernisse.

Gewiss führte die attizistische Reaktion die unglückselige Diglossie herauf, an der das Neugriechische bis in die jüngste Gegenwart krankte, aber die alltägliche Praxis fand trotzdem eine Sprachform, die sich an die klassischen und nicht minder an die christlichen Texte anlehnte, ohne sich einerseits notwendigen Neuerungen im Vokabular und andererseits Vereinfachungen in der Syntax und im Formenbau zu verschließen. Nicht nur die byzantinische Diplomatie des Mittelalters mit späterem Einschluss derjenigen der osmanischen Eroberer nutzte diese Möglichkeiten, ohne sich sklavisch an sie zu binden. Die Bemühungen des bedeutenden Philologen und Sprachwissenschaftlers Adamantios Korais (1748-1833) konnten an diese Entwicklungen anknüpfen, auf deren Fundament er die Katharevusa, die sogenannte Reinsprache, entwickelte. Diese Reinsprache eignete sich nur wenig für poetische Äußerungen und wurde in der Dichtung gegen Ausgang des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts völlig verdrängt, aber sie bewies ihre Brauchbarkeit für den amtlichen Bereich, für die Kommunikation in den Wissenschaften ebenso wie für das Geschäfts- und insonderheit für das Bankwesen und schuf dem Griechischen weitere Sprachpositionen unter Nichtgriechen. Diese Prädominanz des Griechischen als Lingua franca in der Hauptstadt und im östlichen Mittelmeerbecken überdauerte das byzantinische Staatswesen und blieb lebendig, solange das ihm folgende Osmanische Reich bestand. Durch die Abschaffung des Sultanats und die Begründung des realiter türkischen Nationalstaates durch Kemal Mustafa wie durch die Vertreibung der Griechen aus Kleinasien (1922/23) wurden dieser Sprachsituation jedoch die politischen Voraussetzungen entzogen; die Griechen wurden zur unbedeutenden Minderheit in der neuen türkischen Republik (1934 0,9 %), und lediglich in Griechenland (wie im wesentlichen in Zypern) bildeten sie seither das Staatsvolk. In der Auseinandersetzung um die Sprachform trug die lebendige Volkssprache durch Parlamentsbeschluss von 1975 den Sieg über die Reinsprache davon. Durch die Vereinfachung des Akzentsystems (Wegfall der Spiritus, Beschränkung auf den Akut) entfernte sich die Sprache in ihrer äußeren Gestalt weiter von dem Altgriechischen, wie es mit rückläufiger Schülerzahl in Spezialformen des höheren Bildungswesens gelehrt wird.

Diese historischen Fakten bilden den Hintergrund zu den naheliegenden Bemühungen, das Griechische in die Reihe der Welthilfssprachen zu rücken. Getragen werden solche Bemühungen zuvörderst von griechischen Vereinigungen, namentlich in Piräus und Kavalla. Es steht außer Zweifel, dass diese Vereinigungen eine nützliche Arbeit leisten, indem sie das allgemeine Sprachbewusstsein vertiefen und einer bewussten Sprachpflege dienen; dabei suchen sie durch komparatistische Betrachtung nach transnationaler Verständigung. Zu fragen ist jedoch nach den konkreten Erfolgsaussichten aller solcher Bemühungen.

Dass das Altgriechische in der vereinfachten Form der Koine für wesentliche Teilregionen des Altertums und über dieses hinaus zur nutzbringenden Lingua franca werden konnte, haben unsere Andeutungen gezeigt. Das Osmanische Reich blieb bis in unser Säkulum hinein der günstige Boden für derartige übernationale Entwicklungen. Diese Voraussetzungen sind jedoch heute nicht mehr gegeben; es fehlt nicht nur der umfassende politisch-geografische Raum für ein solches transnationales Idiom, überdies hat das Griechische selbst die Bindungen an die klassische und nachklassische Vergangenheit weithin abgeworfen und sich in erster Reihe an den Forderungen der Gegenwart, nicht zuletzt den pädagogischen, orientiert. Die überkommene Schrift stellt trotz aller Vereinfachungen psychologisch ein erschwerendes Element dar; Computer und andere Mittel der Informationstechnik sind überdies primär auf das Lateinische ausgerichtet. Zwar können sie ohne allzu große technische Probleme auf das Griechische umgestellt werden; aber allein schon diese Umstellung von dem Geläufigen auf das scheinbar Exotische baut eine psychologische Barriere auf. Zudem ist die griechische Volkssprache noch weithin in der Entwicklung begriffen, so dass für nicht wenige Phänomene zwei oder mehrere gleichberechtigte Ausdrucksmöglichkeiten sich anbieten. Die Hilfssprache indes braucht Eindeutigkeit.

Sie könnte vielleicht an der im öffentlichen Gebrauch zurückgedrängten Reinsprache anknüpfen. Aber ein Pidgin-Griechisch, auf dieser Grundlage entwickelt, würde sich kaum durchsetzen - der Rückgang des Pidgin-English sollte warnen. Überdies wäre der Bezug auf die große Überlieferung kaum mehr wahrnehmbar. So hat das lebendige Englisch, das unter Griechen aus unterschiedlichen Gründen weiter verbreitet ist als anderswo, gegenüber allen Bemühungen um eine weltweite Nutzung des Griechischen die größeren Chancen - im griechischen Sprachgebiet und vollends in der weltweiten griechischen Diaspora. Für das griechische Volk jedoch besteht die dringliche Aufgabe, die eigene Sprache in allen Lebensbereichen zu pflegen, fortzuentwickeln und an ihr festzuhalten allen Verlockungen zum Trotz. Als Welthilfssprache - auch für die Griechen - ist gegenwärtig das Englische am nächstliegenden; doch in unserer immer stärker globalisierten Welt dürf